M I T T E I L U N G E N V/2015 vom 12. Oktober 2015
an alle Mitglieder
Liebe Mitglieder und Freunde des Kunstvereins Siegen!
Am 18. September 2015 ist der Kunstverein Siegen 35 Jahre geworden.
Um den Geburtstag nicht spurlos an uns vorbei ziehen zu lassen, werden zwei Gründer des Vereins an dieser Stelle zu Wort kommen.
Wolfgang Suttner, der von 1980 bis 1990 der 1. Vorsitzende des Kunstvereins war und seit 1985 im Vorstand der ADKV (Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine) aktiv ist, und Albrecht Thomas, der von 1980 bis 1990 die Kasse verwaltete und ab dieser Zeit bis heute als 1. Vorsitzende dem Verein vorsteht. Es sind Rückblicke aus erster Hand.
Wolfgang Suttner
35 Jahre Kunstverein Siegen: Eine gute Idee macht Karriere
Am 25. September 2015 überreichte man mir im Rahmen der Vorstandssitzung der ADKV im Kasseler documenta-Gebäude einen 30 Jahre alten Wein. Welch sonderbares Gefühl! Vor 35 Jahren haben wir nun einen Kunstverein gegründet und ich bin schon seit 30 Jahren Vorstandsmitglied unseres Dachbervandes. In den ersten Jahren nach seiner Gründung durch Wulf Herzogenrath hatte unser Bundesverband ca. 30 Mitglieder. Nun sind wir fast 300 Kunstvereine, die Deutschland von Flensburg bis Friedrichshafen wie ein Netz der Kreativität überziehen. Und die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine (ADKV) nimmt noch längst nicht jede Bewerbung an! Nur wer sich dem Kunstvereinsgedanken verpflichtet fühlt, kann dabei sein. Und er sollte so arbeiten, wie es unser Kunstverein Siegen von Anfang an getan hat: Als eine Bürgerinitiative für die moderne Kunst in der Rubensstadt und in unserer Region. Wir wollen Diskussionen auslösen und Verständnis für neue Tendenzen der bildenden Kunst wecken. Und wir wollen kein Ausstellungsforum für die eigenen Künstlermitglieder sein. Das hatten wir damals in der Satzung vom Bonner Kunstverein abgeschrieben. Trotzdem machen wir gerne alle zwei Jahre eine Mitgliederausstellung, das weckt viel Schaffenskraft bei den Mitgliedern und macht Freude.
Ich weiß noch, wie ich Lehramtsanwärter fürs Gymnasium war und wir in der
Kanzlei von Walter Wißfeld den Kunstverein gegründet haben. Damals waren
Günther Hachenberg, Magdalena Kaiser, Uwe Pieper, Margarete Suttner, Walter Wißfeld und Albrecht Thomas mit dabei …
Über Becher, Beuys und die Röhren in der Sieg
Mein Gott, was ist seitdem alles passiert! Wir haben Bernd und Hilla Becher ausgestellt, das grafische Werk von Joseph Beuys präsentiert, zeigten „Rost als deutsches Material“, atmende Kunstobjekte und die Licht- und Spiegelkunst von Adolf Luther. Und so ging es immer weiter, viele wunderbare Ausstellungen bis
zur Show mit Jürgen O. Olbrich, die zum Zeitpunkt dieses Jubiläums im Haus Seel läuft. Also an einem Ort, an dem der Kunstverein jetzt wirklich professionell zu Hause ist. Mit Jürgen O. Olbrich ist auch eine wunderbare Erinnerung verbunden: Wir verantworteten damals das Riesenprojekt „Durchgehend geöffnet. Künstler verändern die Stadt“. Damals verwandelten wir die Oberstadt in eine Welt bunter Farben und Fahnen. Die Toilette am Obergraben erhielt ein goldenes Krönchen, darunter der Spruch: „Ora et labora“. Die Künstlerin Inge Mahn, inzwischen hochdekorierte Professorin, realisierte mit uns die ‚Röhren in der Sieg‘. Damals hatten wir einen Eröffnungsrundgang gemacht und ich sprach in ein Megaphon, dass diese Bausünde eines einbetonierten Flusses dringend zurückgenommen werden müsse. Damals war die halbe Stadt auf mich nicht gut zu sprechen. Die Öffentlichkeit, vor allen Dingen die Presse, schüttelte den Kopf, doch die glänzenden Aluröhren, die da in der Sieg hingen, bewegten sich und zeigten an, dass da noch ein Fluss ist. Hat Kunst nicht auch hier eine große, ja städtebauliche Wirkung gehabt? Und für die Kritik, die wir damals einsteckten, gibt es jetzt Genugtuung. Die gescholtene Betonplatte ist weg. Es ist eben auch die Aufgabe eines Kunstvereins, Warnsignale zu geben. Bürger engagieren sich auf diese Weise für ihre Stadt!
Immer wenn ich die deutschen Kunstvereine auf Bundesebene im Deutschen Kul-turrat oder auch in Ministergesprächen vertrete, bin ich stolz auf das, was sie so einzigartig in Europa macht. Besonders stolz bin ich auf den Kunstverein Siegen und alle, die damals, gestern und heute ein so großes Engagement aufbringen.
Albrecht Thomas
Vor 35 Jahren war alles besser!
Selbstverständlich nicht, aber anders schon.
1980 hatte sich eine Aufbruchstimmung ausgebreitet, die kulturelle Aktivitäten
begünstigte. Impulse gingen ebenso von der Universität aus wie von Kreisen aus der Lehrerschaft. Wenn von denen aber keiner Ahnung hat, wie man unscharfe
Visionen in Gang setzen und Schlagkraft gewinnen kann, ist Hilfe notwendig. Die fanden die Initiatoren eines Feldzuges für eine kunstsinnige Stadt in den Mentoren Wulf Herzogenrath und Thomas Deeke, seiner Zeit noch Kunstvereinsvorsitzende in Köln bzw. Münster. Der Imperativ „Ihr müsst einen Kunstverein in Siegen gründen“ führte zur Gründung.
Der Zuspruch war groß, die Mitgliederzahl wuchs rasant, Besucher strömten in
die KV-Veranstaltungen. Traumhafte Verhältnisse. Dem „Hunger nach Bildern“,
ein damals strapazierter Ausdruck für eine Zustandsbeschreibung reichlich
kunstbeflissener Bürger konnte begegnet werden.
Was wir gemacht haben, war bestimmt nicht alles gut. Irrtümer immer inklusive.
Manche herausragende Idee scheiterte bei dem Willen zur Umsetzung an permanentem Geldmangel. In einer sehr heterogen zusammengesetzten Arbeitsgruppe (u.a. mit Peter Gendolla, Uwe Pieper, Karls Riha, Christian W. Thomsen) ging es immer leidenschaftlich und kontrovers zu. Auch bei Ausstellungseröffnungen wurde heftig debattiert. Austrittserklärungen von Mitgliedern während der Vernissagen kamen vor – denen später Wiedereintritte folgten -, Beschimpfungen auch. Die kompromisslose Haltung von Künstlern, ihrer nur sich selbst verpflichtete Kunstauffassung und ein unerschütterlicher Glauben an die eigenen Ideen hier und der Wunsch nach gefälliger Kunst, die Schönheitserwartungen widerspiegelte, dort standen sich z.T. unversöhnlich gegenüber. Politische Implikationen waren nicht jedermanns Sache. Wenn Kunst anstoßen soll, so war in den Anfängen manches anstößig, z.B. auch manche Performance.
Die „Kunstbetreiber“ aber hatten es insgesamt leicht, Leute zu interessieren, ja auch zu polarisieren und zu mobilisieren.
Das hat sich später geändert. Die Schwelle für „Aufreger“ wurde durch Gewöhnung („Das kann doch keinen mehr erschüttern!“) immer höher. Sukzessive
Tendenzverschiebungen, d.h. Abwendung von der Kunst und Hinwendung zu anderen kulturellen Formen wie z.B. der Kleinkunst oder der Musikszene,
zum Theater oder zum Konzert auf der Rezipientenseite waren festzustellen.
Vieles wurde selbstverständlich. Besucherzahlen pendelten sich auf ein überschaubares Maß ein. Events waren auch nicht eine Dauerlösung.
Der Kunstverein hat die Veränderungen ausgehalten, ist nach wie vor in der Öffentlichkeit präsent und nimmt seine Aufgaben, zu der er sich verpflichte hat, wahr. Dazu gehört, Ausformungen gegenwärtig in Erscheinung tretender Kunstpositionen zu vermitteln, junge Künstler zu fördern, die regionale Kunstszene zu stärken und vieles mehr. Seinen 450 Mitgliedern bietet er an, sich über den Zuhause-Horizont hinaus zu informieren. Die vielen Kunstfahrten, ob ein- oder auch mehrtägig (hierbei oft mit einer doppelt so langen Warteliste) an bedeutende Kunstorte, werden äußerst gern wahrgenommen.
Was hat sich noch geändert? Hier muss der erheblich gestiegene Mitglieder-Altersdurchschnitt an erster Stelle genannt werden. Radikal verändert hat sich
allgemein die Einstellung zur Konstruktion „Verein“ bzw. zur verantwortungs-
vollen Mitarbeit. Die Bereitschaft zur Bindung und Aufgabenübernahme ist mager geworden. Nicht nur das Herumschlagen mit Finanzierungsfragen, Finanzamtsvorschriften, Amtsgerichtsauflagen usw. ist unattraktiv. Machtkämpfe um Vorstandsposten gibt es nicht mehr. Es handelt sich dabei nicht nur um ein Phänomen im kulturellen Bereich. Junge Menschen verhalten sich anders, wollen sich mit dem urdeutschen, vom Ausland sehr geschätzten Vereinswesen nicht mehr gemein machen. Allerdings war und ist die juristische Konstruktion notwendig. Nur so wurde über diese lange Zeit die Unterstützung durch die Universitätsstadt Siegen, den Kreis Siegen-Wittgenstein und die Sparkasse Siegen – allen
sind wir zu größtem Dank verpflichtet – möglich. Nur mit dieser Hilfe konnten
wir die Geschäftsstelle (seit 1988 von Franz-Josef Weber geleitet) aufrecht erhalten und u.a. 219 Ausstellungen zeigen. Etwas wehmütig denken wir heute an verloren gegangene Präsentationsmöglichkeiten: Villa Waldrich, Ausstellungsforum Haus Oranienstraße und Galerie S. Die Aufgabe der letzten Einrichtung – ein einzigartiges Kooperationsmodell – hat schon geschmerzt. Freuen wir uns nun auf die kommenden Jahre in unserer neuen Heimat im Haus Seel.
Mitgliederausstellung zum Thema: „Kompotenz“
Am 29. Oktober 2015 eröffnet der Kunstverein Siegen im Haus Seel um 19.00 Uhr die 17. Mitgliederausstellung. Unser aktuelles Thema „Kompotenz“ hat so manchem Mitglied Kopfzerbrechen bereitet. Und doch haben sich 76 Mitglieder für diese Präsentation angemeldet. Wir sind auf das Ergebnis sehr gespannt. Alle weiteren Informationen entnehmen Sie bitte der beigelegten Einladungskarte.
Mitglieder des Kunstvereins Siegen stellen – woanders – aus
- Bruno Obermann: „Zurück nach Vorne“, Malerei, GALERIE DE KUNSTSTAD, Wijk bij Duurstede (NL), bis zum 25. Oktober 2015.
- Barbara Varnholt: „Fläche und Form“, Malerei, DIAKONIE-KLINIKUM BETHESDA, Freudenberg, bis zum 31. März 2016.
- Stella Kown-Mockenhaupt: „Farben Formen“, Malerei, FOYER RWE, Siegen, bis zum 15. Januar 2016.
- Alfred Grimm: „Alles Liebe-oder was?“, RATSSAAL, Voerde, bis zum 31. Oktober 2015.
- Alfred Grimm: „Bild-Objekt-Objektbild“, BILDUNGSZENTRUM THYSSENKRUPP STEEL EUROPE AG, Duisburg, vom 8. November 2015 bis März 2016.
- Udo Makulla: Arbeiten auf Leinwand und Skulpturen, „Kunst auf der Treppe“, RATHAUS, Wilnsdorf, bis zum 6. November 2015.
- De fellrath u.a.: „painted-gemalt-peint“, KUNSTVEREIN BAD SALZDETFURTH E.V., bis zum 15. November 2015.
- Ursel Decker: „Dahinter geguckt“, Grafik und Michtechnik, Kulturforum, RATHAUS, Netphen, vom 22. Oktober bis zum 20. November 2015.
- Michael G. Schumann: „Innere Landkarten“, TRINITATISKIRCHE, Bonn-Endenich, vom 1. November bis zum 13. Dezember 2015.
- Susanne Frisch, Mechtild Obrock, Regine Seelbach: „3 er-lei die II“, ALTE VOGTEI, Burbach, vom 6. bis zum 27. November 2015.
- Thomas Kellner: „genius loci – Zwei Siegener im Zarenland“, Fotografie, KULTURFLECKEN SILBERSTERN e.V., Freudenberg, vom 8. bis zum 29. November 2015.
- Hildegard Staroste: „Inspiration und Design“, außergewöhnliche Halsketten-Steine-Perlen-Silber, ALTES PFARRHAUS, Kirchengemeinde Wilnsdorf-Rödgen, vom 11. bis 15. Nov. 2015.
- Elzbieta Slawinska u. Reza Momen: Kunstmesse Leipzig, KUNSTKRAFTWERK, Leipzig, vom 12. bis zum 15. November 2015.
- Marc Baruth: ____“/LAND, Fotografie, ART GALERIE, Siegen, vom 15. Nov. bis 9. Jan. 2016.
Mit besten Grüßen
Ihre
Albrecht Thomas, 1. Vorsitzender & Franz-Josef Weber, Geschäftsführer